Der Tag beginnt früh, wie so oft auf dieser Reise.
Um 5 Uhr klingelt der Wecker im Hatiban Resort, hoch oben über dem Tal. Noch liegt Stille über dem Land, nur das Rufen der Vögel kündigt an, dass der Tag erwacht. Die Luft ist frisch, fast klar. Die ersten Sonnenstrahlen malen goldenes Licht auf den Rand des Himalaya. Ich beobachte, wie die Schatten weichen und die Welt wieder Farbe bekommt – ein stiller Moment, begleitet vom Gesang der Raben, die wie Wächter über den Tag erscheinen.

Nach einer Tasse Tee brechen wir auf – hinab ins Tal, hinein in die alte Königsstadt Patan, einstige Residenz des Malla-Königreichs. Der Durbar Square, der alte Königsplatz, ist ein architektonisches Wunderwerk: Paläste, Tempel, Innenhöfe und hölzerne Fenster mit kunstvollen Schnitzereien erzählen Geschichten aus Jahrhunderten. Besonders beeindruckend: Die vielfältigen Darstellungen der Göttin Kali, die mit ihrer wilden, transformierenden Energie gleich mehrfach zu finden ist. Schon in Pokhara war sie uns begegnet – und nun tritt sie wieder in Erscheinung. Die Energie ist kraftvoll, ehrfurchtgebietend.





Weiter geht es nach Bhaktapur. Dort, wo sich zwischen Erdbeben und Wiederaufbau der Alltag neu zusammensetzt. Bhaktapur überrascht mit seinen engen Gassen, durch die kaum zwei Menschen nebeneinander gehen können. In jeder Ecke liegt Geschichte. Viele Häuser sind schief, eingestürzt oder notdürftig abgestützt. Andere wurden liebevoll restauriert.
Und dennoch: Aus dem bröckelnden Mauerwerk spricht Würde.
Hier sitzt eine Frau und spinnt Dochte. Dort ein alter Mann in seinem Laden, das Kinn auf die Hand gestützt, beobachtend. Kinder rennen barfuß über den staubigen Boden. Tücher auf dem Boden tragen Gewürze, Koriander, Wurzeln, Gemüse – alles, was vom Tag übrig bleibt.
Und plötzlich öffnet sich eine Gasse zu einem Platz. Ein kleiner See liegt da, eingefasst von Mauern. In einer Ecke ein Tempel, wie so oft Shiva geweiht. Unter einem Überstand sitzen alte Männer, spielen Schach, lachen leise. Es ist geschäftig, aber nicht laut. Gewusel ja, aber kein Geschrei. Die Spiritualität lebt hier nicht in der Abgeschiedenheit – sie lebt mitten im Alltag.
Wir trinken Masala-Chai in einem kleinen Hinterhof. Und auch hier, wie schon in Bhaktapur zuvor: Organic Tee in höchster Qualität. Handverlesen. Fein ausgesucht. Ein paar Päckchen wandern in unsere Tasche – für die exklusive Nepalbox, die es in unserer WhatsApp-Community zu kaufen gab. Sie ist inzwischen ausverkauft. Und wird so, in dieser Form, nicht wiederkommen.
Ein letzter Blick zurück, als die Sonne langsam tiefer sinkt. Zwischen all der Unvollkommenheit liegt eine besondere Schönheit. Vielleicht ist es genau das, was Nepal so besonders macht: Nichts ist perfekt. Aber alles hat Seele.