Jetzt bin ich ein paar Tage zuhause.
Der Koffer ist ausgepackt, die Waschmaschine läuft.
Und langsam kehrt wieder Ruhe und Gelassenheit ein. Mein Nervensystem ist wieder in Balance, die Reizflut hat sich gelegt.
Die Reise klingt nach – auf leise, eindrückliche Weise.
Rückblickend war Nepal ein tiefes Eintauchen. In ein Land, das so vieles gleichzeitig ist: chaotisch und still, arm und reich, schrill und zart. Und für mich, als ADHSlerin und hochsensible Person, war es eine Erfahrung zwischen Überforderung und tiefer Berührung.
ADHS und die Reizflut der Welt
Meine ADHS hat mir auf dieser Reise fast in die Karten gespielt.
Weil Nepal so viele Reize bietet – visuell, akustisch, emotional – war mein Gehirn durchgehend beschäftigt.
Keine Zeit für Rastlosigkeit oder innere Unruhe. Die ständige Bewegung, das Neue, das Unerwartete – es war fast wie Meditation durch Überflutung.
Der Kopf wurde still, weil es schlicht zu viel zum Denken gab.
Ein Zustand, der auf merkwürdige Weise entspannend war.
Hochsensibilität – die stille Belastung
Doch für mein hochsensibles Nervensystem war es eine andere Geschichte.
Die Hitze, die intensiven Gerüche, das ständige Gehupe, der Staub – all das hat mich erschöpft, ohne dass ich es im Moment selbst gemerkt habe.
Ich funktionierte einfach. Ein Tag hier, der nächste da. Koffer packen, weiterreisen, neu ankommen.
Ich war in Bewegung, aber nicht bei mir.





Spirituelle Momente voller Bedeutung
Und doch waren da diese magischen Begegnungen, die sich wie ein roter Faden durch die Reise zogen.
Der erste Moment: Zwei Sadhus, mitten in den Verbrennungsstätten von Kathmandu.
Alle Touristen wurden weggeschickt – nur ich wurde zu ihnen gerufen.
Ich verstand erst gar nicht, dass ich gemeint war. Dann segneten sie mich. Ich weiß bis heute nicht, warum.
Dann Kali, die Göttin des Wandels. Ich traf sie in Pokhara, in einem kleinen Tempel auf einer Insel.
Ein Priester winkte mich heran. Ich durfte sie berühren – was eigentlich nicht erlaubt ist.
Ich hatte nichts zum Opfern bei mir. Und doch spürte ich, dass sie etwas von mir forderte.
Ich löste mein rotes Armband vom Handgelenk und ließ es bei ihr.
Erst auf der Bootsfahrt zurück wurde mir klar: Es war ein Abschied. Ein Loslassen.
Eine alte Liebe, die mich blockierte, war gegangen.
In Lumbini segnete mich ein weiterer Sadhu – direkt am Geburtsort Buddhas.
Und am Ende, in Kathmandu, zeigte sich mir die Kumari. Auch sie, eine lebende Inkarnation der Göttin Kali.
Was bleibt
Was bleibt, ist tiefe Dankbarkeit. Und auch ein stilles Staunen darüber, wie sehr sich alles gefügt hat.
Der Regen kam nur, wenn wir geschützt waren.
Die Wege öffneten sich. Die Menschen zeigten sich. Der Tee fand uns.
Körperliche Erschöpfung als Sprache der Seele
Am Tag nach der Landung hat mein Körper mir deutlich gezeigt, was ich über Wochen überspielt habe.
Mir war übel, ich musste mich übergeben, ich hatte Durchfall und starke Kopfschmerzen.
Ich war schlicht erschöpft.
Für viele Hochsensible ist das ein bekanntes Muster:
Wir funktionieren. Wir merken oft gar nicht, wie weit wir uns entfernen.
Bis der Körper irgendwann ruft. Und sagt: Jetzt nicht mehr.
Wenn du das kennst, nimm es ernst.
Es ist keine Schwäche. Es ist deine Art, zu fühlen. Zu leben. Und dich selbst wiederzufinden.
Fazit
Nepal war viel. Wild. Unfassbar lebendig. Und voller Sinn.
Aber ich bin froh, jetzt wieder zuhause zu sein. Und das alles in mir wirken zu lassen.
Mit Tee. Mit Zeit. Und mit neuer Klarheit.
Namaste. Und danke, dass du das mit mir teilst.
Ye Ming

